Nada Surf – Bahnhof Fischbach – Friedrichshafen
Wahrscheinlich hat jeder von uns schon einmal (bewusst oder unbewusst) einen Nada Surf Song gehört. Denn die amerikanische Indie-Trio ist eine echte Institution in Sachen Soundtracks und Werbesongs: How I Met Your Mother, OC California, Die fetten Jahre sind vorbei, Suzuki Werbeblöcke – die Liste ließe sich wohl endlos fortführen. Und das hat seinen Grund: Nada Surf gelingt es seit nunmehr 20 Jahren immer wieder den jeweiligen Indie-Zeitgeist zu erwischen und genau die richtigen Dinge auszusingen und auszuspielen, die man als junger Mensch eben so hören mag. Im ersten Moment klingt das meistens ein wenig naiv – es geht um „Teenage Dreams“ und „Always Love“ – zerkratzt man jedoch die Oberfläche, finden sich (vor allem live) immer wieder clevere Denkanstöße und Arrangements, die das klassische Indie-Schema auf den Kopf stellen. Böse Zungen würden wohl behaupten, Nada Surf sind bessere Fahrstuhlmusik, Fanboys/Girls entgegnen, Nada Surf spiele die perfekte Musik für den perfekten Moment. Wie sooft liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte.
Vorbands sind ja oft wie Kinowerbung. Irgendwie gehören sie dazu, aber trotzdem ist man froh, wenns dann mal los geht: Ganz anders am Sonntagabend: Die laut-leise Variationen und der überragenden Drummer der Tall Ships, sowie der komplett verschrobene, dylaneske Auftritt des Songwriters Ezra Furman verleihen dem Konzert im Bahnhof Fischbach Festivalcharakter, ehe Nada Surf ihren ersten Akkord geschrammelt haben. Besonders Furman spielt eine denkwürdige Show: Der junge Mann wirkt irgendwie jenseits von allem und singt dabei einmal wunderbarst glockenklar, nur um im nächsten Song die eigene Stimme so absolut zu verzerren, dass es einem eiskalt den Buckel runterrutscht. Furman ist unglaublich talentiert und unglaublich verschroben und vermutlich auch unglaublich besoffen und genau in dieser Dreistirnigkeit begeistert sein kurzes Set nachhaltig. Seine finale Ansage ist nicht nur wunderschön, sondern charakterisiert seine Musik auch perfekt: „I don´t want you to think that I´m cool or strange. I just wan´t you to follow the love with me forever.“ This kid can play!
Der Hauptact himself bläst gleich eine ordentliche Portion Energie in die gut gefühlte Bahnhofshalle. Während der ersten fünf Songs gibt es kaum Verschnaufpause und Nada Surf genießen es augenscheinlich, nach zahlreichen Unplugged-Shows wieder bedingungslos in Seiten greifen zu dürfen. Unterstützt wird das New Yorker Trio von einem zweiten Gitarristen, der dem Sound ordentlich Schmackes verleiht und vor allem „Waiting For Something“ zum frühen Highlight aufbläst. Selbst Frontmann Matthew Caws, der sich oft ein wenig hinter dem Charisma seines Bassisten Daniel Lorca versteckt, ist richtig gut aufgelegt: „Ich bin eine sehr faule Person, mit großen Ambitionen. Aber ich habe so viele Sonntagabende auf dem Sofa verbracht, da fühlt es sich super an, mit euch heute Abend etwas gutes zu tun.“ Überhaupt zeigt sich die Band in guter Form und spielt über fast zwei Stunden ein teilweise etwas eintöniges, aber zu keinem Zeitpunkt langweiliges Konzert. Die Zugabe ist dann wirklich formidabel: Zuerst klimpert die Band noch eine relativ gesittete Version ihres Hits „Always Love“, ehe sie „Blankest Year“ wunderbar clever und energetisch zu einem Monster zerspielen. Nachdem die ursprüngliche Versions à la Strophe-Refrain-Strophe-Refrain zu Ende geht und der Song nur noch leise vor sich hin pumpt, greifen Nada Surf zum musikalischen Defibrillator und wiederbeleben das Stück in einer minutenlangen Jamsession, aus der sich dann zunächst das markante Riff und dann der gegrölte Refrain herausschält. Fuck it, i´m gonna have a party!