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Posts Tagged ‘Konzert’

Nada Surf – Bahnhof Fischbach – Friedrichshafen

Wahrscheinlich hat jeder von uns schon einmal (bewusst oder unbewusst) einen Nada Surf Song gehört. Denn die amerikanische Indie-Trio ist eine echte Institution in Sachen Soundtracks und Werbesongs: How I Met Your Mother, OC California, Die fetten Jahre sind vorbei, Suzuki Werbeblöcke – die Liste ließe sich wohl endlos fortführen. Und das hat seinen Grund: Nada Surf gelingt es seit nunmehr 20 Jahren immer wieder den jeweiligen Indie-Zeitgeist zu erwischen und genau die richtigen Dinge auszusingen und auszuspielen, die man als junger Mensch eben so hören mag. Im ersten Moment klingt das meistens ein wenig naiv – es geht um „Teenage Dreams“ und „Always Love“ – zerkratzt man jedoch die Oberfläche, finden sich (vor allem live) immer wieder clevere Denkanstöße und Arrangements, die das klassische Indie-Schema auf den Kopf stellen. Böse Zungen würden wohl behaupten, Nada Surf sind bessere Fahrstuhlmusik, Fanboys/Girls entgegnen, Nada Surf spiele die perfekte Musik für den perfekten Moment. Wie sooft liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte.

Vorbands sind ja oft wie Kinowerbung. Irgendwie gehören sie dazu, aber trotzdem ist man froh, wenns dann mal los geht: Ganz anders am Sonntagabend: Die laut-leise Variationen und der überragenden Drummer der Tall Ships, sowie der komplett verschrobene, dylaneske Auftritt des Songwriters Ezra Furman verleihen dem Konzert im Bahnhof Fischbach Festivalcharakter, ehe Nada Surf ihren ersten Akkord geschrammelt haben. Besonders Furman spielt eine denkwürdige Show: Der junge Mann wirkt irgendwie jenseits von allem und singt dabei einmal wunderbarst glockenklar, nur um im nächsten Song die eigene Stimme so absolut zu verzerren, dass es einem eiskalt den Buckel runterrutscht. Furman ist unglaublich talentiert und unglaublich verschroben und vermutlich auch unglaublich besoffen und genau in dieser Dreistirnigkeit begeistert sein kurzes Set nachhaltig. Seine finale Ansage ist nicht nur wunderschön, sondern charakterisiert seine Musik auch perfekt: „I don´t want you to think that I´m cool or strange. I just wan´t you to follow the love with me forever.“ This kid can play!

Der Hauptact himself bläst gleich eine ordentliche Portion Energie in die gut gefühlte Bahnhofshalle. Während der ersten fünf Songs gibt es kaum Verschnaufpause und Nada Surf genießen es augenscheinlich, nach zahlreichen Unplugged-Shows wieder bedingungslos in Seiten greifen zu dürfen. Unterstützt wird das New Yorker Trio von einem zweiten Gitarristen, der dem Sound ordentlich Schmackes verleiht und vor allem „Waiting For Something“ zum frühen Highlight aufbläst. Selbst Frontmann Matthew Caws, der sich oft ein wenig hinter dem Charisma seines Bassisten Daniel Lorca versteckt, ist richtig gut aufgelegt: „Ich bin eine sehr faule Person, mit großen Ambitionen. Aber ich habe so viele Sonntagabende auf dem Sofa verbracht, da fühlt es sich super an, mit euch heute Abend etwas gutes zu tun.“ Überhaupt zeigt sich die Band in guter Form und spielt über fast zwei Stunden ein teilweise etwas eintöniges, aber zu keinem Zeitpunkt langweiliges Konzert. Die Zugabe ist dann wirklich formidabel: Zuerst klimpert die Band noch eine relativ gesittete Version ihres Hits „Always Love“, ehe sie „Blankest Year“ wunderbar clever und energetisch zu einem Monster zerspielen. Nachdem die ursprüngliche Versions à la Strophe-Refrain-Strophe-Refrain zu Ende geht und der Song nur noch leise vor sich hin pumpt, greifen Nada Surf zum musikalischen Defibrillator und wiederbeleben das Stück in einer minutenlangen Jamsession, aus der sich dann zunächst das markante Riff und dann der gegrölte Refrain herausschält. Fuck it, i´m gonna have a party!

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Madlib, J-Rocc, Freddie Gibbs –

Zoom Club Frankfurt – 10.10.2012

(Kein Bandbild, keine Bühne – nur ein Sweater. Später mehr!)

Die Kids verblöden und hängen nur noch im Internet ab. Schon klar. Aber: Die Lesen dort. Und schreiben auch. Meistens nonsens und bullshit, schon klar. blablabla typische Einleitung. Hier ist er: Der erste Facebook-Konzertbericht auf Risse im Asphalt:

Jo, ich muss dir noch berichten.

Wowiewas?

Frankfurt, madlib usw.

der abend hat eigentlich gut angefangen

mit nem superben dj-set von j-rocc

der stand immer mit j dilla zusammen an den turntables

also auch n großer namen

da hat der laden eigentlich ziemlich gekocht

danach kam dann madlib

und am anfang waren alle total verwirrt

der hat nur extrem komische beats gespielt

0 stimmung aufgekommen

keine interaktion mitm publikum

unds publikum?

so ca. 1/3 des publikums ist während dem madlib dj-set abgehauen

so schlimm wars

nach ca. 40 minuten hat er dann beleidigt das handtuch geschmissen

danach kam dann ja noch freddie gibbs

da sollte dann eigentlich madlib hinter den turntables stehen

der hatte aber wohl keinen bock mehr

den part musste dann j rocc übernehmen

also alles in allem brutal enttäuschend

freddie gibbs war ganz ok

also rappen kann der typ auf jeden fall

aber ist halt schon brutal der g

wie warn die leute so?

teilweise ganz cool

bi j rocc stand ich noch vorne drin

da waren dann paar us soldaten aus kaiserslautern vor uns

alle im stones throw t-shirt

die habens brutal gefeiert

egal was er gespielt hat

die kannten alle texte

gegen ende kamen dann so atzen

und haben gemeint sie müssten rumpogen

die sind mir brutal aufn sack gegangen

hab mir dann nochmal n bier geholt und mir das geschehen von weiter hinten angeguckt

Wo war das nochmal genau?

in frankfurt

keine ahnung wie der club hieß

sobald sich im publikum einer ne kippeoder nen joint angezündet hat ist sofort die security ins

publikum gesprungen

mit taschenlampe

jedem ins gesicht geleuchtet

etc

und auf der bühne haben die sich einen blunt nach dem anderen angezündet

also in dem laden konntest echt passiv kiffen

aber insgesamt. jo. Enttäuschend.

okey schade man, ich dachte auch dass die den laden abreissen in der kombi!

ja das hatte ich mir auch erhofft.

was noch nice war

freddie gibbs hat seinen sweater ins publikum geworfen

und mein kumpel hat ihn gefangen

der rennt jetzt immer mit freddie gibbs sweater durch die gegend

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Die Orsons – Jazzhaus Freiburg – 25.10.2012

Nun also Freiburg. Tourauftakt. Mainact “Die Orsons”. Gemischte Gefühle begleiteten mich als ich “Das Chaos und die Ordnung” zum ersten mal hörte. Ist das noch gut, neu abgefahren? Oder doch schon Cro? Sind das noch die Orsons die 2010, damals als Vorband, die Fetten Brote auf deren eigenen Tour sowas von dermaßen an die Wand gespielt hatten? Zugegeben, die Platte rotiert nun doch schon sehr regelmäßig in den Schaltkreisen meines iPods. Sie hat auch von hirnzerfickenden Texttracks von Maeckes (Unperfekt), über beatlastige Tuahymnen (Mars) bis hin zu durchgeknallten Plan B/Kaas Gurken (Zambo Kristall Merkaba) alles was ein Orsonsfanboiherz höher Schlagen lässt. Wie aber schmeckt der Eintopf live?

Aufgrund der klassischen Rituale, ihr kennt das ja, konnten meine Entourage und ich erst leicht verspätet das Jazzhaus stürmen. Wir drängen also zu den wohlbekannten klängen der Vorveröffentlichung “rosa, blau, grün” in die Mitte des gut gefüllten Konzertkellers. Aufgrund des, zu diesem Zeitpunkt noch sehr verhalten wippenden Publikums bleibt Zeit, um die Helden des Abends etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Während der erste Gedanke (“Mein Gott ist dieser Maeckes schön!”)  sofort von “Waren Tua und Plan B schon immer so breit?” in die Wüste geschickt wird, zündet Tua bereits seine Solobombe “Raus” an. Und die schlägt ein! Unter den verwunderten Blicken des Künstlers werden die ersten Circles gebildet und aufeinanderlosgegangen. Vollgas. Der intensive Schweißaustausch unter den Zuschauern wird nur kurzzeitig durch Perlen wie “Grausufenregenbogen”, unterbrochen, nur um es dann noch eine Nummer heftiger zu übertreiben.

Schnell wird somit auch klar, dass die Orsons nicht nur als Orsons funktionieren, sondern auch immer wieder die Bausteine Plan B, Maeckes, Tua und Kaas in den Fokus rücken. Der Wechsel zwischen Solomomenten der Künstler und Songs der Orsons ist aber keineswegs störend, sondern passt perfekt ins Gesamtkonzept der vollendeten Kurzeweile (ist das ein Wort?).  “Vodka Apfel Z” und auch  “Zambo Cristall Merkaba” werden frenetisch gefordert, gespielt und gefeiert. Letzteres wird in kompletter und epischer Spiellänge (ca. 10 Minuten) live performt. Dabei beweisen die Orsons nicht das erste mal an diesem Abend, dass das Spektrum ihrer Talente sich nicht nur aufs Texten und Beaten beschränkt, sondern dass auch die Comedy definitiv zu ihren Steckenpferden gehört: ei den Worten “Und nach dieser Portion Philosophie zurück zu der Werbung” wird der Song unterbrochen und eine von Maeckes gesprochene Werbung für den Merchstand zersetzt den Song.

Auch darüber hinaus regiert der Abwechslungsreichtum. Ständig wechseln die Protagonisten ihre Position auf der Bühne oder sind in anderer Form präsent. Tua begleitet Plan B bei “Mars” am Klavier, Maeckes unterstreicht mit Gitarrengeklimper den BuVisoco Hit “Horst und Monika” und eine der beiden Backroundsängerinnen schwingt das Tanzbein zusammen mit Plan B zu den klängen des aus Pulp Fiction bekannten “You never Can tell”. Geschlossen wird die 45 Minütige Zugabe von einem Medley bei dem jeder Song der Playlist noch einmal für knappe 5 Sekunden ertönt.

So endet also ein grandioser Konzertabend in dem Bewusstsein das die Orsons sich treu geblieben sind, in einer Zeit in der HipHop zuweilen in belanglosen Pop abdriftet und sie noch immer wunderbare, unverwechselbare Momente und Musik kreieren können. Wohlgemerkt mit eimerweise Popzitaten.

Von: Jochen Teufel.

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I Am Oak – Kulturladen Konstanz

Den Holländern, wir alle kennen die Klichées, werden ja eine ganze Reihe von Dingen und Angewohnheiten nachgesagt: Sie reisen in Wohnwägen, verkaufen Tulpen und Käse und tragen Holzschuhe. Sie können nicht kicken, spuckten Rudi Völler in die Locken und nerven als Moderatoren in deutschen Fernsehshows. Weniger bekannt waren unsere Nachbarn bislang für Berge (das wird sich in naher Zukunft wohl auch nicht ändern) und aufregende Indie-Folkbands. Letztere Aussage allerdings muss man wohl spätestens seit dem Jahr 2010 mit allem Nachdruck relativieren. Da nämlich brachte die Formation I Am Oak zunächst als Soloprojekt des aus Utrecht stammenden Musikers Thijs Kuijken ihr Debütalbum „On Claws“ auf den Markt und stürzte die gesamte heimische Fachpresse in nicht enden wollende Jubelströme. Die Vergleiche mit Genre-Göttern wie Sufjan Stevens und vor allem Bon Iver folgten auf dem Fuß und man hat bis heute das Gefühl, dass ganz Holland stolz auf seinen schüchternen Helden ist. Zurecht. Nachdem im Kulturladen die Localheros von Music Is Her Boyfried, ein sympathisches Mädchenduo, das umgehend Boy-Assoziationen hervorruft, die Bühne warm gespielt haben, schlurft Thijs Kuijken auf ebendiese. Der Look des Schlaks erinnert ein wenig an Harry Potter, seine Bühnenpräsenz und Arrangements an Zach Condon von Beirut, während seine zärtliche, beinahe zerbrechliche Stimme ein wenig nach Conor Oberst klingt. Alleine die bloße Masse an Referenzen offenbart, inwiefern sich Folk gewandelt hat: Die Musikrichtung, die sich einst aus den Blues und Country-Korsetten schälte, wurde durch die gesamte Musikhistorie hindurch stiefmütterlich behandelt. Heute aber gilt Folkmusik offiziell als „cool“ und ist in Form von Bon Iver oder den Mumford&Sons beinahe beängstigend erfolgreich. Folk ist der Soundtrack der Hipsters (frei jeder Wertung).

 

 

Thijs Kuijken indes kann mit dem ganzen Trubel so gar nichts anfangen (siehe Video) und versteht sich trotz Hornbrille nicht als Hipsteridol und musikalischer Outlaw. Kuijken will Musik machen, nicht mehr und nicht weniger – in seinem eigenen, kleinen, verkopften Universum: „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich irgendwie meine Meinung zu globalen, großen Phänomenen oder politischen Themen formulieren sollte. Global heißt für mich eher: Universelle Gefühle transportieren, mein Mensch-sein beschreiben.“ Thijs singt nicht für die großen Bühnen. Er schreibt den Soundtrack für Mikrokosmen. Für die Welt in der Nussschale. Seit den Aufnahmen zu „Nowhere Or Tammensaari“ irgendwo im finnischen Niemandsland gilt I Am Oak offiziell als Quintett, in Konstanz tritt die Thijs-Truppe allerdings als Trio auf. Gitarre, Schlagzeug, Bass – die klassische Punkrockbesetzung. Das ist für eine Folkband durchaus ungewöhnlich und entsprechend reduziert klingt der Sound der Band. Das ist ein wenig schade, denn auf Platte sind es gerade die Sekunden der gefühlten instrumentellen Variation – Streicher, Hammond-Orgel, Chöre – die für die besonderen I Am Oak-Momente sorgen. Die anfängliche Enttäuschung weicht schnell, als deutlich wird, dass es Thijs Kuijken gelingt eben aus dieser konventionellen Besetzung eine tiefe Sehnsucht und musikalische Schönheit zu schöpfen. Größe durch Verkleinerung.

Kuijken greift im Wechsel zur abgeranzten Straßenmusikerklampfe und zur smaragdgrünen Rockstargitarre und dabei schwingt das Konzert zwischen brüchigen Folkkompositionen und kräftig, jaulenden Bluesbrechern. Die Übersongs „Trees and Birds and Fire“ und „Palpable“ bilden dabei eindeutige Ausreißer, die sich vor keiner Konkurrenz verstecken müssen – mehrschichtig, eingängig, fragil.Die letzten Songs zerfließen in einer minutenlangen post-rockigen Explosion, ehe sich Thijs Kuijken mit letzter Kraft und schwer lädiert für eine letzte Solo-Nummer auf die Bühne schleppt. Das Konzert endet eigentlich viel zu früh – doch das muss man I Am Oak nachsehen: Ihr schwächlicher Frontmann ist nicht gemacht für Rock´N´Roll, für große Rahmen – und genau das ist das besondere.

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The Brew/ Popa Chubby – Honberg-Sommer – Tuttlingen

The Brew:

Als der Vollblutmusiker Tim Smith zusammen mit seinem Sohn Kurtis und dessen Kumpel Jason Barwick jammte, hätte er sich wohl kaum gedacht, dass sich dieses Trio circa zehn Jahre später den Ruf als eine aufregendsten frischen Bluesrockbands des Planeten erspielen sollte. Zack – genau das ist aus der Patchworkband geworden. Tim, der Bandvater, greift in die Basssaiten und untermauert das Gesamtgebilde mit dunklem Bass, dazu drescht sein Sohn Tim erbarmungslos auf die übergroße Schlagzeugburg. Das Herz der Band ist aber das Gitarrenspiel des Frontmanns, der in der vergangenen Jahren mehr und mehr die Gesangspart übernommen hat. Jason Barwick, dem der Lockenschopf tief ins Gesicht hängt, springt wie ein Derwisch am linken Bühnenrand und setzt dann seine Gitarrenakzente punktgenau ins offene Puzzle seiner Mitmusiker. Dieses Zusammenspiel, dieses aufeinander reagieren und abreagieren ist heute eine echte Rarität, junge Bluesrockbands der Marke The Brew sind eine Seltenheit.

 

Popa Chubby:

Popa Chubby entert mit einem Tribut an den vielleicht größten Gitarristen der Rockgeschichte die Bühne: „Hey Joe“, ganz im Geiste von Jimmi Hendrix. Mr. Chubby grölt regelrecht ins Mikrofon, stellt sich dann in die Bühnenmitte und fällt gleich zu Beginn über seine Gitarre her, dass es eine wahre Freude ist: Das Solo geht seine eigenen Wege, sägt und jault und kreischt und wispert, ehe es der Ausnahmegitarrist einfängt, beruhigt und in ruhigere Sphären zurückführt. Dazu rotzt und schwitzt und leidet menschliche Bluesrock-Bowlingkugel. Was für ein Beginn! Popa Chubby ist ohne Frage eine imposante Figur: Der 1960 unter dem bürgerlichen Namen Theodore Joseph Horowitz geborene Bluesmusiker ist ein Koloss von Mann, trägt am Honberg nur eine dünne Lederweste und ist über und über mit Tattoos bedeckt. Dazu greift er derartig inbrünstig in die Saiten, dass seine Finger bluten und seine Gitarre zerfleddert – seinem Publikum geht es indes nicht anders. Der Funke, die Elektrizität springt über und dehnt sich mit zunehmender Konzertdauer zu einem gehörigen Spannungsteppich aus. Popa Chubby, der einst als sechsjähriger Stöpsel von seinem Vater zum Chuck Berry-Konzert geschleppt wurde und sich Hals über Kopf in den Rock´N´Roll verliebte. Eine Liebe die bis heute glüht, aber auch schon so manche Beziehungskrise zu bewältigen hatte. In den 1980er Jahren erspielte sich Popa Chubby seinen Lebensunterhalt in der New Yorker U-Bahn. Dort, im Schmutz, im Dunkeln lehrte er sich selber Kniffe, Tricks und fand seinen eigenen Stil, den er später in verschiedenen Blueskneipen zur Schau trug. Hier wurde Popa Chubby entdeckt und reist seither um die Welt und verkündet seine hippieske Botschaft: „Ich glaube Musik ist die ursprünglichste Sprache. Eine Sprache die wir alle verstehen. Musik ist Liebe. Wir alle glauben an die Liebe.“ Das Konzert setzt ganz bewusste Akzente, mal spielt Popa Chubby ruhig vor sich hin (das Hallelujah-Cover hätte aber wirklich nicht sein müssen) und genießt den Moment der Ruhe, der Andächtigkeit. Dann dreht er wieder am Rad durch, brüllt seinen Emotionen ins Publikum und wird eins mit den Saiten. Intensiver geht es kaum!


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The Flying Eyes -31.05.2012 – Kulturladen Konstanz

Ab dem Moment, in dem The Flying Eyes ihre ersten Akkorden in den Kulturladen brettern, hat man als Konzertbesucher unweigerlich das Gefühl, als würde man in einer Zeitkapsel stecken, die einen auf direkten Wege in eine längst vergangene Zeit katapultiert: In eine Zeit in der der Rock´N´Roll noch in Ordnung war. In die Zeit der Doors und von Black Sabbath – aber lassen wir das nostalgische Geschwafel. Ab ins hier und jetzt. Er habe über die Jahre ein Gespür entwickelt, erklärt der selbstbetitelte Alt-68er vor Konzertbeginn an der Kulturladenbar: „Ein Gespür für Bands, die eigentlich kein Mensch kennt – aber die alles in Grund und Boden spielen.“ Dieser ureigene Instinkt hatte sich im Vorfeld des Flying Eyes Konzerts lautstark zu Wort gemeldet. Und eins vorweg: Er sollte Recht behalten.

Die Flying Eyes entern in der klassischsten Rockband-Besetzung die Bühne. Zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug – keine Schnörkel, keine übertriebenen Rockstarposen, aber zumindest ein Haufen wild durch die Gegend wirbelnder Haare. The Flying Eyes, das merkt man umgehend, haben sich trotz ihres blutjungen Alters vollends ihrer Kunst verschrieben. Das Schlagzeug rotzt einen dumpfen, psychodelischen Takt, die Gitarre lässt alle Musikschul-Grenzen hinter sich, bricht aus, wirbelt im Kreis, zergeht in Malstromartigen Poweriffs und dazu sägt die Stimme des gerade einmal 18-Jährigen Leadsängers William Kelly durch die Klangbauten. Während die Band auf ihrem, auf dem deutschen Label World in Sound veröffentlichten Debüt als erste Assoziation The Doors auf den Plan ruft, klingt das ganze live viel eher nach Led Zeppelin.

Dabei gibt es Bands wie die Flying Eyes de facto eigentlich gar nicht mehr. Dieser Sound ist spätestens zu dem Zeitpunkt gestorben, als Ozzy Osbourne seinen eigenen Zerfall im MTV-Realtity-TV zur Schau trug. Doch wie heißt es so schön: Der König ist tot, es lebe der König. Und so erlebte tonnenschwere Blues-Hard-Rock Anfang der 90er seine Wiedergeburt. Irgendwo im Nirgendwo, mitten in der Ursuppe der kalifornischen Wüste. Stonerrock. Die Anknüpfungspunkte sind den Flying Eyes merklich anzuhören. Das Konzert ist so intensiv, dass man förmlich den Schweiß von die Gitarrensaiten und die Wüstensandkörner auf den Trommelfellen pulsieren hört. Dabei stammt das Quartett aus Baltimore – eine der schäbigsten Ecken Amerikas, Schauplatz der trostlosen, knallharten Krimiserie „The Wire“. Und so wird man trotz der wohligen Nostalgie das Gefühl nicht los, dass die Musik der Flying Eyes darüber hinaus den Soundtrack des Abgesang und Untergangs markiert. Schmutzige, beinharte Balladen auf den kaputt gegangenen amerikanischen Traum.

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Boy – Kulturladen Konstanz – 02. April 2012

Erstmal schwelgen: Boy klingen nach Sommer und nach Sommerregen wenn es dann doch zu heiß wird, nach Tagen, die eigentlich niemals enden sollten, nach durchzechten Nächten und der aufgehenden Sonne und nach Zeiten, an die man sich ewig zurückerinnert.

Zu Beginn des Konzerts gibt’s aber erst mal ordentlich auf die Glocken: Zwei Schlagzeuger schlägern mit voller Kraft auf mächtig Klangbauten, während am linken Bühnenrand eine Oldschool-Orgelburg den wacker auf sich klimpernden Keyboard-“boy“ (sorry!) beinahe komplett verschluckt. Ganz schön düster, denkt man sich da, als zwei Schatten aus der Bühne wachsen. Und plötzlich ist da so ein zärtliches Licht im Dunkel. Und es klingen die Melodien, die im vergangen Jahr so nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht haben…

Jeder Popjahrgang wird von Fachjournaille unweigerlich in Rollenbilder gequetscht, die einen umgehend an die Grundschulzeit erinnern: Da gibt es die strebsamen Aufsteiger, die hartnäckigen Oldies, die krampfhaft Experimentellen, die One-Hit-Wonders und die stylischen Kultfiguren. Doch in jedem Musikjahr schält sich im Laufe der Monate dann meist Akt besonders hervor: Der Klassenprimus, „Die Popsensation des Jahres!“. Und so waren es 2011 die eingangs erwähnten Damen, die unter dem Namen „Boy“ irgendwie urplötzlich allgegenwärtig waren und gleichermaßen zu Feuilleton- wie auch Fanlieblingen avancierten. Zurecht. Denn zu ausgereift und verspielt klang ihr Debüt „Mutual Friends“, als dass man es hätte überhören können, zu sympathisch präsentierten Valeska und Sonja in der Folge ihren Folk-Pop, als dass man sie hätte übersehen können. Es entstand ein Erfolgstsunami, die auch nach Konstanz schwappte. Das Boy-Konzert im Kulturladen war in Rekordzeit ausverkauft.

Kurzer Einwurf der besorgten Elternpartei deutscher Hausfrauen (BEPdH):

Zum Beweis, welchen angsteinflössenden Einfluß Bands wie „Boy“ auf die heutige Jugend haben.

Mein Tagesablauf (*):

6:458:15 Aufstehen-Boy hören

8:1512:00 Schule

12:0013:00 Boy hören

13:0016:45 Schule

16:45 17:00 nach Hause fahren- Boy hören

17:0018:30 Songs von Boy spielen *essen*

19:0019:30 Videos von Boy anschauen

19:3021:30 Songs von Boy lernen

22:306:45 Von Boy träumen!

(*) Zitat: Guitarsurfgirl1, Youtube Kommentar unter dem Musikvideo zu „Waitress“, insgesamt geliked von 157 Personen. (Stand: 03.04.2012)

 

Und so drängt sich das Publikum bereits vor Konzertbeginn in allen Ecken, stellt sich auf Bierkisten oder blinzelt zwischen zwei Boxen hindurch, um irgendwie einen Blick auf die Bühne erhaschen zu können. Selten hat man derartig viele junge Frauen auf so wenigen Quadratmetern zusammengequetscht gesehen.

Die federleichten Kompositionen des zum Sextett erweiterten Duos kommen live ein wenig verbissener daher. Das liegt zu einem am mächtigen orchestralen Unterbau, zum anderen an Bühnenaufbau-Atmosphere: Zunächst zergeht die Band in dunklen Schatten, dann ist die komplette Bühne in blutrot getaucht, ehe nackte Glühbirnen den Kulturladen im Stile von Horrorfilmen auslodern.

  

Im weiteren Verlauf gewinnt das Konzert mehr und mehr an Dynamik, der Funke springt endgültig über. Auch den lautstarken Dialog mit einigen angetrunkenen Hipsters meistern die beiden Ladys mehr als charmant. Ganz alleine, also eigentlich zu zweit wissen Boy dann irgendwie noch besser zu gefallen und müssen sich in dieser Form und mit Hits der Marke „Waitress“ und „Seven Little Numbers“ vor keiner Folkband der Welt verstecken (um das Ganze mal im Fussballerjargon aufzuzeigen). Tatsächlich müssten Boy, falls Folk in den nächsten Wochen olympisch wird, wohl definitiv im Sommer für Deutschland gen London ziehen.

Und dann am Ende, nachdem „Boy“ ihre Vorzeigeballade „Skin“ in einem akustischen Überzug inklusive Melodika-Solo in den Kula hauchen, erstrahlt nicht nur die Kulturladen-Bühne in flackernden Glühbirnenlicht. Nein, alles ist erleuchtet. Und als Zuhörer tritt man mit wohlig erwärmten Herzen den Heimweg an.

Weitere erstklassige (und garantiert professionellere Bilder) könnt ihr euch hier: http://bjoernjansen.com/blog/2012/04/03/boy-live-im-kula-konstanz-2012/ anschauen!

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Gisbert zu Knyphausen – Kulturladen – Konstanz 14.03.2012

(Licht am Ende des Tunnels? Gisbert zu Knyphausen im Kulturladen. Zur Bildqualität später mehr)

 

Gisbert zu Knyphausen Vorweg-Kritik-Nummer 1:

Als mich meine Oma fragt, was ich denn eigentlich für Musik höre, die ihr eventuell auch gefallen könnte, habe ich ihr (in Ermangelung an deutschsprachigen Alternativen abseits von Aggro-Berlin) das Gisbert-Debüt in die Hand gedrückt. Zwei Tage später das Urteil. Ganz schön sei das ja alles, keine Frage. Aber: „Kann dem jungen Mann nicht mal einer sagen, dass die Welt nicht ganz so düster ist?“

 

Gisbert zu Knyphausen Vorweg-Kritik-Nummer 2:

Als ich einst und mitten in der Nacht volltrunken und vor Melancholie triefend „Kräne“ an meine Facebook-Pinnwand knallte und dazu zentnerschwer kommentierte „Der vielleicht beste deutschsprachige Musiker“ schlug mir umgehend eine Welle der Empörung um den pochenden Schädel: „Was soll das sein? Hamburger Schule für Sonderschüler?“

 

Gisbert, so wie man ihn einschätzt, würde jetzt vermutlich schüchtern nicken und beide Kritikpunkte zumindest ansatzweise nachvollziehen. Ich konnte das nicht. Zu sehr fasziniert mich der Singer/Songwriter, der die deutschsprachige Musik irgendwie Baywatch-mäßig für mich wiederbelebt hatte, nachdem mich all die Tomtes und Kettcars und wie sie alle, achselzuckend und augenrollend erbarmungslos ersaufen ließen.

 

 

Der Tag an dem es Gisbert endlich in den Kulturladen schafft, diesen dunklen Moloch von einem Swimming-Pool und damit idealste denkbare Location, läuft für mich erstklassig und zwar aus dem einfachen Grund, weil alles scheiße läuft. Und als ich dann endlich dicht gedrängt im Gewusel des Konstanzer Konzertladen stehe, bin ich derartig mies gelaubt, dass mit glasigen Augen in die Scheinwerfer starre. Fang endlich an. Ich will heim. Alles Scheiße. Als Gisbert dann endlich und mit Band auf die Bühne schlurft, fummele ich unmotiviert nach meiner Kamera, drücke ab und … hab keine Speicherkarte eingelegt. Der finale Eiertritt, so von unten, dass es doppelt schmerzt. In diesem Moment beginnt es auf der Bühne zu scheppern und es fällt mir wie Schuppen von den Augen: Natürlich! Meine Stimmung ist ideal, nahezu perfekt für dieses Konzert, für diese Songs.

 

Denn natürlich reißt dich Gisbert oftmals ungebremst in den Treibsand der Melancholie (hier hatte Oma zweifelsohne recht!). Aber irgendwie zündet er dann doch immer ein Streichholz am Ende des Tunnels. Und eben weil das Drumherum so dunkel und überschwappend und scheinbar undurchdringlich ist und weil Gisbert seine Texte und Themen uns direkt aus unsere Seele gefressen hat, erscheint dieses Mini-Licht, die kaum erkennbare Flackern plötzlich kristallklar und weiß wie Ebenholz! (siehe das wunderbar verranzte Symbolbild das über diesem Artikel prangt. Ein Dank an die Smartphones der Sportstudenten dieser Welt.)

 

Die Welt ist grässlich und wunderschön!

 

Das Konzert ansich ist nicht übermäßig spektakulär. Die fehlerfreie Band verleiht den ganzen Songs ein bisschen mehr Macht und Substanz und den ein oder anderen jammenden Ausraster, ansonsten aber wird Gisbert zum Mittelpunkt, zum Messias des Kulturladen . Die Playlist indes lässt keine Wünsche übrig, aus dem einfach Grund, weil sie kaum einen Song auslässt (ausser Melancholie, aber das gibt’s als Entschädigung ganz unten als Video und mit einem Clown! Achtung Smiley: 🙂 !) . Gisbert zu Knyphausen spielt sich durch seine beide Alben, die ohnehin mehr oder weniger ohne Schwachpunkt auskommen. Und setzt trotzdem Höhepunkte. „Morsches Holz“ etwas, oder „Seltsames Licht“ und am Ende „Spiegelein, Spieglein“. Hinzu kommt die ein oder andere Perle aus Kooperationen und Projekten. Und das wars. Viel mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen.

 

Einwurf: Ja wie, werden jetzt die Spitzfindigen unter euch sagen. Jetzt trägt der hier seine Fanboy-Anhimmlungen offen zur Schau und zum Konzert selbst lässt er dann mit Mühe und Not ein paar Mini-Fakten liegen, die sich jeder Depp noch aus Youtube-Videos zusammenreimen könnte?

 

Antwort: Ja. Und genau das ist es doch was Gisberts Musik ausmacht. Sie steht für sich alleine. Sie spricht uns aus dem Herzen und dem Hirn. Und im speziellen ihre Klarheit und finale Reduktion auf Stimme und Gitarre und einen augenscheinlich tottraurigen Hamburgers und dessen alkoholvernebelte, von sich selbst genervte Sicht auf das Leben und all die Dinge, die wie ein Rattenschwanz dazu gehören, hält uns nebenbei vor. Mehr braucht es nicht.

 

Und nach über zwei Stunden Konzert, inklusive reinigender Wirkung, bin ich einmal mehr bestärkt: So einen wie Gisbert hat es gebraucht. Einen Aus-der-Seele-Fresser, einen Aus-der-Seele-Sprecher. Und da ist es doch sowas von scheißegal, dass sich das alles thematisch hier und dort im Kreis dreht und der ganze Schmerz nicht in fünf konnotativen, philosophisch vollgepackten Schubladen verstaut ist. Liebe/ Glück/ Schmerz/ Verlust/ Freiheit/ in die Fresse. So ist das Leben.

 

Und dann sind sie da, am Ende. Unmerklich sind sie angeschlichen. Die Hoffnung. Das Licht. Die Euphorie.

 

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Maria Taylor – Kulturladen Konstanz – 24.01.2012

Natürlich ist es eine schöne Sache, wenn zwei so astreine Künstler wie Conor Oberst und Maria Taylor zum Liebespaar verschmelzen – noch fruchtbarer ist es allerdings – und das schreibe ich aus purem Fan-Egoismus heraus, wenn sich die beiden dann trennen. Denn gebrochene Folk Herzen bedeuten entsprechende Musik, solche die einem die Tränen in die Augen treibt. Wenn schon leiden, dann aber richtig. Abgesehen von Maria Taylors wispernden Stimme herrscht im Kulturladen Totenstille. Und blickt man in die Gesichter der Konzertbesucher, erkennt man wirklich zu spüren wie jedem einzelnen so eine kratzige Sehnsucht in die Gehörgänge kriecht, bis tief runter ins Herz.

Der Support ist kein Support. Eigentlich ist das eher ein Festival. Den Anfang macht die „Flare Acoustic Arts League”, die eine Wolke unheilschwangeren Pop heraufbeschwören, die einem das Blut gefrieren lässt, gefolgt von „Unbunny“, einer geplagten Seele von Songwriter, der mit glockenheller Stimme der verflossene Liebe ein Denkmal ersingt. Ja, passender könnte man Hauptact wohl kaum den Weg breit treten.

Die Formulierung wirkt, angesichts der, trotz angedeuteten Babybauch so zierlichen Person, die sich da mittig auf der Kulturladenbühne einnistet, beinahe absurd, aber Maria Taylor ist ein echtes Schwergewicht der amerikanischen Folkszene.

Die Biografie der Sängerin, die sich vor allem als 50 % des weiblichen Duos Azure Ray einen Namen ersang, schreit dabei förmlich nach exzessiven Name-Dropping: Taylor ist eine Schwester im Geiste des REM-Frontmann Michael Stipe, sie musizierte mit den Bright Eyes (zu deren Mastermind Conor Oberst Maria eine zeitweilige Beziehung führte) und wurde von Elektro-König Moby regelrecht um eine Zusammenarbeit angefleht.

Die großen Namen pflastern zwar die Karriere der aus Alabama stammenden Künstlerin und trotzdem wandte sich Maria Taylor zu keiner Zeit von ihrem sperrigen Verständnis von Musik und Songwriting ab. Wohl aber vom Mainstream-Markt. Mehr noch: Wer mit dem Werk Azure Rays vertraut ist, reagiert oftmals einigermaßen irritiert auf Taylors Solostücke. Denn dort regiert das Experiment und der Erfindergeist. Taylor spielt mit Elektronik, werkelt an neuen Soundarten und lebte zuletzt die Möglichkeiten ihres Multiinstrumentalismus vollends aus.

Live ist dann wieder alles anders. Was für ein Hin und Her, ey! Kein Schnickschnack, kein elektronischen Versuche. Das verwundert zunächst, begeistert dann aber in seiner Klarheit und Abwechslung zusehends. Die Balladen zum schreien schön, dazu tonnenschwere Blues-Rock Nummern, so White Stripes“ mäßig, die dann wiederrum beinahe post-rock mäßig zerschellen und offene Münder hinterlassen. Und natürlich darf die Hommage an die weit entfernte Heimat nicht fehlen. Mit „Sweet Home Alabama“ hat das freilich wenig gemein. Taylors Kompositionen besitzen eine unbändigere Sehnsucht als der alte Schunken. Eine wilde Schönheit, die berührt.

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The Builders and Butchers – Kulturladen Konstanz – 24.06.2011

Zwischen den großen Festivals, ein kleines Stück dreckige Kleinkunst:

Aus der Einsamkeit Alaskas, über die Folk-City Portland in die weite Welt. Die Builders and Butchers sind eine Band, die ihr Herz freilegt und sich die Finger blutig spielt. Mal laut, mal leise, mal hymnisch, mal anstrengend und zerfrickelt, dann wieder spielerisch, eingängig, bierernst und augenzwinkernd. Dazu singt Ryan Solle mit rasselnder Stimme und in bester Bob Dylan-Manier tränenverhangene Geschichten von einsamen Verlierern und dem unaufhaltsamen Untergang – die verlorene Heimat scheint allgegenwärtig. Live bewegen sich die Builders and Butchers irgendwo zwischen einer Highspeed-Variante der Sons of Noel and Adrian und einer Straßenköterversion der Mumford & Sons. Dabei arbeitet der eindrucksvoll tätowierte Hells-Angel-Lookalike Harvey Tumbleson liebevoll an der Mandoline ab und tänzelt zusammen mit Bassist Willy Kunkle um den inbrünstig singenden Frontmann Solle herum. Das Bandgerüst vervollständigen Ray Rude und Brandon Hafer, die in erster Linie zu zweit auf einem flachen Schlagzeug trommeln, in zweiter Instanz aber an der Orgel, der Trompete oder Melodika den Songs besondere Momente einreiben.

Das Spektakel erinnert dabei mehr und mehr an eine Wild-West Szene, an ein aus dem Ruder gelaufenes Saloon Konzert. Eine handvoll besoffener Edelfans torkelt sympathisch grölend vor dem Bühnenrand und irgendwie wartet die Crowd nur darauf, dass endlich ein erster Schuss knallt. Vergeblich. Dafür gibt’s als Zugabe die blutige Eigenkomposition „Lullababy“ und das Creedence Clearwater Revival-Cover „I Put A Spell On You“ auf die Ohren. Und am Ende würde man liebsten ganz stilecht seinen Gaul satteln und ihr den Sonnenuntergang reiten.„I’m a poor lonesome Cowboy and far away from Home.“

->Aktuelles Interview und Livesongs.


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